Ludolf STAAB, Brunnen Inspektor: "Geschichte Marienbads von der aeltesten Zeit bis zur Gegenwart", Erste Wiener Vereins-Buchdruckerei, Selbstverlag, Wien 1872" - S. 54 - 59 

Vierte Periode

Marienbad unter dem Stiftsabte Professor Adolf Koppmann (1828-1835)

§ 1.

Adolf Koppmann neuer Stiftabt

Nach Reitenberger's Resignation wurde Adolf Koppmann (1828-35), früher Professor der Theologie zu Prag und Wien, zum Abte gewählt. Auch er wandte seine Aufmerksamkeit und Sorgfalt Marienbad zu und suchte dessen Gedeihen eifrig zu fördern.

Quellen

Gleich im ersten Jahre seiner Regierung liess er die Waldquelle, welche schon im abgelaufenen Jahre neu gefasst worden war, von Professor Steinmann analysieren, mit einem Kuppeldache versehen und die Umgebung planieren und bepflanzen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der jetzige Name der Quelle festgestellt, während sie früher nach der ihr vom Volksglauben zugeschriebenen Wirkung euphemistisch "Aeolusquelle" genannt worden war. Um sie mit dem Orte in Verbindung zu bringen, legte man einen dahin führenden Fuß- und Fahrweg an. Die Waldquelle wurde nun, nachdem die Analyse ihre therapeutischen Eigenschaften sichergestellt hatte, mehr und mehr in den Bereich, der ärztlichen Ordination gezogen und bildet heute einen der reizendsten und besuchtesten Punkte Marienbads. In der Kreuzbrunnenkolonnade wurde zur Abhaltung des Luftzuges die Nord- und Ostseite mit Glasfenstern (1834) versehen.

Versendung

Da nach einer vieljährigen Erfahrung die Versendung der Mineralwässer eines Kurortes gewöhnlich mit der Frequenz der Badegäste in geradem Verhältnisse steht, so konnte es nicht ausbleiben, dass die Versendung des Kreuzbrunnens mit der steigenden Fremdenzahl zunahm. Das zum Behufe der Versendung erst kürzlich hergestellte Gebäude erwies sich bald als unzureichend. Abt Koppmann entschloss sich daher, ein grösseres Haus mit Comptoir, Magazinen und Wohnungen für die mit der Füllung und Versendung beschäftigten Beamten und Arbeiter aufzuführen, welches 1834 vollendet wurde. Auch die Krugfabrik musste vergrössert werden, um die benöthigte Anzahl Gefässe liefern zu können.

Ärztlicher Stand

Die vermehrte Zahl der Badegäste erheischte bald auch eine Vermehrung des ärztlichen Personales. Diesem Bedürfnisse entsprechend liessen sich zu jener Zeit folgende Badeärzte in Marienbad nieder: Adalbert Danzer seit 1828 (+ 1862), J. Frankl seit 1832, gegenwärtig Senior der hiesigen Aerzte, Leopold Herzig seit 1833, welcher bald darauf zum zweiten Brunnenarzte ernannt auch die ärztliche Leitung des allgemeinen Kurhospitales übernahm; in demselben Jahre J. Abel (+ 1851) und F. Opitz, seit 1834 Ordinarius auf der benachbarten Domäne Königswart, welcher durch einige Jahre während der Kurzeit in Marienbad praktizirte, bis er sich hier stabil niederliess.

§ 2.

Verschönerungen

Auch die Verschönerung des Ortes und der nächsten Umgebung machte weitere Fortschritte. So wurde der öde Platz hinter den Boutiquen in eine Promenade und Anlage umgewandelt, der nordwestliche Abhang des Hamelikaberges ober dem neuen Badehause, welcher sich noch im Urzustande befand, durch Anlegung mehrerer sanft aufsteigender Fusswege zugänglich gemacht und durch Anpflanzung von Gebüsch und Rasen verschönert. Hier liess Abt Koppmann auf einer Terrasse ein hohes Kreuz aufrichten zur dankbaren Erinnerung, dass der Erlöser der Welt die hiesige Gegend und das ganze ehemalige Tepler Gebiet von der GeisseI der Cholera, welche in Böhmen damals so viele Opfer forderte, gnädig verschont hat. Das an dem Kreuze angebrachte Chronographicon enthält den frommen Widmungszweck: "ChoLeraM a fInIbVs nostrIs arCVIt VerVs DeI fILIVs." Und fürwahr, es ist dieser Punkt - der Kreuzberg genannt -von dem sich dem Blicke ein herrliches Panorama Marienbads erschliesst, ganz geschaffen, um fromme Gedanken und religiöse Gefühle zu erwecken und wird darum auch häufig von Andächtigel besucht.

Waldstein-Monument

Ein anderes Erinnerungszeichen, das Waldstein-Monument, 1836 errichtet, galt dem Andenken des hier 1832 plötzlich verstorbenen Grafen Ernst von Waldstein -Wartenberg, eines vieljährigen Gastes und besonderen Wohlthäters der Armen in Marienbad. Zur Erhaltung wurde ein kleines Kapital, erlegt, dessen Interessen 1870 zum ersten Male zu gedachtem Zwecke verwendet wurden. Das Monument steht auf einer Anhöhe im Walde rechts vom Kreuzbrunnen.

Franz Josef-Platz und Hammerhof

Eine weitere Verschönerung erhielt der Kurort dadurch, dass der grosse viereckige Platz längs des Skalnik'schen Gartens - jetzt Franz Josef-Platz - geebnet, bepflanzt find zum Viktualienmarkt bestimmt wurde. Das nahe Schlösschen Hammerhof kam mit Marienbad durch eine Strasse in Verbindung, welche weiter durch die Maierei zwischen der Berglehne und einer Wiesenflur bis zum Kieselhofe führt und dort in die Aerarialstrasse einmündet (1832). Das Schlösschen selbst wurde zur Euichtung einer Restauration in Pacht gegeben und war durch viele Jahre einer der besuchtesten Punkte in der Umgebung Marienbads.

Neubauten

Bei dem raschen Aufschwung, welchen Marienbad nahm, reichten die vorhandenen Wohnhäuser, obgleich bereits 46 an der Zahl, nicht mehr zur Aufnahme der Gäste hin und es mussten mitunter ansehnliche Parteien sich mit Dachkammern begnügen oder im Hammerhof und Auschowitz eine nothdürftige Unterkunft suchen. Um dieser Wohnungsnoth abzuhelfen, entschloss sich Prälat Koppmann, zur Aufnahme der Kurgäste ein grösseres Zinshaus zu erbauen, welches 1834 begonnen und 1836 vollendet wurde (TepIer Haus); und daselbst demselben noch mehrere andere Häuser aufgeführt wurden, so stieg deren Zahl mit Einschluss des neuen Badehauses und des damals zu Marienbad numerirten Ferdinandsbrunnens von 46 auf 58.

§ 3.

Strassen

Ein unabweisliches Bedürfniss für jeden Kurort sind gute Strassen und ein geregelter Postdienst. Marienbad war bisher von den grossen Verkehrswegen so gut wie abgeschlossen. Eine Schilderung der Beschaffenheit der damaligen Wege haben wir oben von einem Augenzeugen gehört. Um den Fremden den Besuch zu erleichtern, musste man an die Anlegung von Strassen gehen und den Kurort mit den nächst gelegenen grösseren Städten Plan, Eger und Karlsbad in Verbindung bringen. Der damalige Oberstburggraf von Böhmen, Graf Chotek, hatte eine besondere Vorliebe für Strassenbau und wendete überhaupt den Kurorten, welche er wiederholt besuchte, eine nicht geringe Aufmerksamkeit zu. Das Stift Tepl nahm den Bau auf seinem Territorium alsbald in Angriff und brachte dafür grosse Opfer; der Oberamtmann Wenzl Kockert ermunterte (Bemerkung.: Er erhielt wegen seiner Verdienste um den Strassenbau die goldene Verdienstmedaille.) kräftig die Unterthanen und so kam es, dass binnen weniger Jahre die Gäste von allen Richtungen auf bequemen Strassen nach Marienbad gelangen konnten.

Post

Nach Herstellung der nöthigen Verkehrswege musste auch ein regelmässiger Postdienst eingerichtet werden. Im Jahre 1822 war von dem Planer Postamte in Marienbad eine Filiale für den Briefverkehr errichtet worden. Diese erwies sich jedoch in Bälde als unzulänglich. Fürst Metternich, Besitzer der benachbarten Domäne Königswart, erwarb mittelst Ablösung vom Planer Postmeister das Recht zur Errichtung eines selbständigen Postamtes in Marienad, erbaute 1832 hier ein Haus (Königswarter Haus, jetzt Sanssouci), kaufte 1833 das daranstossende (damals zur Eiche, jetzt Habsburg genannt) und etablirte in letzterem das Postamt. Es wurde später in das Hotel "Stadt Weimar" und jüngst (1872) in das Hotel Neptun verlegt. Seit 1856 besteht in Marienbad auch eine Telegrafenstation.

Buchhandel und Buchdruckerei

Die Firma Kobrtsch und Gschihay unterhielt hier seit Anfang der Zwanzigerjahre eine Buchhandlung und Leihbibliothek und besorgte den Druck der Kurliste, Annoncen etc. in Eger. Da diess mit manchen Unzukömmlichkeiten verbunden war, so verpflichtete sich dieselbe 1831 während der Kurzeit eine Presse in Marienbad aufzustellen, um den lli'uck der nothwendigen Schriftstücke an Ort und Stelle besorgen zu können. Seit 1856 unterhält J. Gschihay eine selbständige Druckerei, während die frühere als Filiale der Egrischen betrachtet wurde, und seit 1870 auch eine Lithographie. E. Götz etablirte 1862 eine Kunst- und Musikalienhandlung, wozu 1863 eine Buchhandlung und 1869 eine Leihbibliothek kam.

§ 4.

Steigende Frequenz der Gäste

Wir haben im Verlaufe der seitherigen Darstellung wiederholt die Beobachtung gemacht, dass der ungewöhnlich rasche Aufschwung, welchen Marienbad in den letzten Jahren genommen, die steigende Frequenz der fremden Gäste und die Zunahme der einheimischen Bevölkerung mehrmals die Nothwendigkeit herbeiführten, kaum vollendete Gebäude erweitern oder durch grössere ersetzen zu müssen.

Kapelle

Diess gilt auch von der erst kürzlich in der Mitte des Ortes erbauten Kapelle. Abt Koppmann fasste den Entschluss, dieselbe dem Bedürf- nisse in der Art anzupassen, dass er der alten Kapelle, welche nunmehr das Presbyterium bildete, einen Neubau als Schiff anfügte. So entstand eine kleine Kirche, welche mit Kanzel, Musikchor, Orgel und Glocken ausgestattet im Mai 1835 feierlich zur Abhaltung des Gottesdienstes eingeweiht wurde. Sie fasste 300 - 400 Personen. Marienbad blieb wohl wie bisher der Pfarre Auschowitz zugetheilt, allein für die Dauer der Kurzeit bestellte der Abt zur regelmässigen Abhaltung des Gottesdienstes an Sonn- und Feiertagen (Hochamt und Predigt) einen Priester seines Stiftes, welcher den Titel "Prediger" führte. Als erster Prediger fungirte in der Saison 1835 Chrysostomus Rudrich (+1869); ihm folgte bis zur Errichtung einer eigenen Pfarrei Gregor Hoegg (1836-43).

Tod des Abtes

Abt Koppmann starb in demselben Jahre (17. November 1835), nachdem er kurz vor seinem Tode durch den allerhöchsten Besuch Seiner Majestät des Kaisers Ferdinand ausgezeichnet worden war. Der Kaiser bereiste nämlich in diesem ersten Jahre seiner Regierung Böhmen und verweilte auch durch drei Tage in Marienbad. Der Abt, bereits schwer leidend, fehlte bei dem feierlichen Empfänge, worauf Seine Majestät selbst in huldvoller Weise den verdienten Mann, welcher durch viele Jahre an der Wiener Universität gewirkt hatte, besuchte und ihn nochmals von Marienbad aus in einem Handbillet des allerhöchsten Wohlgefallens über die der Kirche und dem Staate geleisteten Dienste versicherte.

(Fortsetzung.)

 

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